Die Karriere des Eisenbahnpioniers Richard Hartmann begann in Chemnitz mit dem Erhalt des Bürgerrechts am 24. Juni 1837. 1839 gründete er, gemeinsam mit dem Unternehmer A. Götze die »Sächsische Maschinenfabrik«, deren Schwerpunkte in der Fertigung von Dampflokomotiven, Dampfmaschinen und Spinnereimaschinen lagen. Die Entwicklung zu einem der bedeutendsten Unternehmen in Sachsen hielt auch über den Ersten Weltkrieg (1914-1918) an. 1917 erwarb das Unternehmen die »Schimmel AG« und somit das Fabrikgelände an der Altchemnitzer Straße. Bereits 1920 konnte dort das vollständige Maschinensortiment für eine Spinnerei hergestellt werden - ein Vorteil gegenüber der Konkurrenz. Durch die Weltwirtschaftskrise zum Ende der 1920er und im Verlauf der 1930er Jahre kam es jedoch auch bei der Sächsischen Maschinenfabrik zu Einbußen, sodass Hartmanns Unternehmen 1930 liquidiert werden musste. Im gleichen Jahr erfolgte die Neugründung zur »Sächsischen Textilmaschinenfabrik vorm. Richard Hartmann AG« mit 425 Arbeitern und Angestellten. 1934 war das neugegründete Unternehmen wieder auf 1400 Beschäftige angewachsen und in einen »Nationalsozialistischen Musterbetrieb« umgewandelt. Im Zweiten Weltkrieg (1939-1945) wurde das Unternehmen zunehmend auf die Rüstungsproduktion umgestellt, während der Bombardierung von Chemnitz am 5. März 1945 wurden 3/4 der Fabrikanlagen zerstört (aus: 150 Jahre Spinnereimaschinenbau, 1987; zur Verfügung gestellt vom Sächsischen Industriemuseum Chemnitz).

Weitere Erläuterung zur Lage der Hartmannwerke und der »Stiftung Heim« Siedlung auf der Karte von 1937: 1. 1837 bis 1841 Erste Werkstatt im Ihle'schen Haus, Annaberger Straße. 2. 1840 bis 1841 Zweigwerkstatt im ehemals Knieriem'schen Fabrikgebäude Augustusburger Straße. 3. 1841 bis 1845 Fabrik in der Klostermühle, Äußere Klosterstraße. 4. 1843 bis 1930 Hauptwerk an der Hartmannstraße, das frühere Ketzer'sche Grundstück an der Leipziger Straße. 5. 1846 bis 1930 Südwerk an der Hartmannstraße, der früheren Leipziger Straße. 6. seit 1884 ‚Stiftung Heim‘ Siedlung. 7. 1889 bis 1930 Grundbesitz in Borna/Furth für eine beabsichtigte Verlegung der Hartmannwerke. 8. 1896 bis 1930 Große Gießerei an der Limbacher Straße. Die Grundstücke wurden bereits 1884 und 1893 erworben. 9. 1911 bis 1930 Zweigwerk I, ehemals Wiede'sche Maschinenfabrik. 10. 1917 bis 1930 Zweigwerk II, ehemals Schimmel'sche Maschinenfabrik. Seit 1930 heutiges Hauptwerk an der Altchemnitzer Straße.« (aus: Haßler, Friedrich: 100 Jahre Hartmann Textilmaschinenbau: S.64, zur Verfügung gestellt vom Sächsischen Industriemuseum Chemnitz).

Mit etwa 130 Angestellten begann der Neuaufbau, anfangs mit Beräumung der Trümmer, im Spätsommer 1945 bereits wieder mit der Produktion von Gebrauchsgegenständen wie Bratpfannen, Kleinöfen und Gartengeräten und vor Weihnachten schließlich wieder mit der Produktion von Ersatzteilen für Spinnereimaschinen. 1946 wurde das Unternehmen dem Treuhänder Rudolf Petzold, einem der ehemaligen Direktoren der AG, unterstellt und in einen Volkseigenen Betrieb (VEB) umgewandelt. 1948 erfolgte die Eingliederung in die Vereinigung Volkseigener Betriebe (VVB) Textima. Ab 1950 konnten wieder Spinnereimaschinen in mehr als 40 Länder weltweit exportiert werden. 1969 vergrößerte sich die VVB zum VEB Kombinat Textima Karl-Marx-Stadt mit weiteren Fabriken in Mittweida, Hartha, Neugersdorf und Großenhain. 1987 waren darin 33 Betriebe mit rund 35.000 Beschäftigten zusammengeschlossen, die produzierten Textima-Maschinen verließen auch die Grenzen der DDR. Nach dem Ende der DDR erfolgte 1990 eine Umfirmierung zur GmbH, die sich aber trotz moderner Produkte nicht behaupten konnte und 1998 geschlossen wurde.

Der VEB Spinnereimaschinenbau führt die Mitrofanow-Methode ein. Diese sieht die Gruppenfertigung von ähnlichen Teilen in großen Serien an einer Stelle vor und trägt damit zur Steigerung der Arbeitsproduktivität bei. Sie ist die Grundlage für eine Zentrale Fertigung. Eine sozialistische Arbeitsgemeinschaft, der auch Technologen des Betriebes angehören, führte die Mitrofanow-Methode bei der Fertigung von Keilriemenscheiben in die Produktion ein. Die Maßnahme ist im TOM-Plan enthalten und bringt eine geplante Einsparung von 15.000 DM pro Jahr. Die Arbeitsgemeinschaft hat das Ziel, durch die Einführung in anderen Bereichen eine weitere Einsparung von 20.000 DM zu erreichen.

Informationen zu den Interviewpartnern: Heinz Lämmel, geboren 1924, Mechaniker, Konstrukteur, zuletzt Abteilungsleiter Projektierung für Chemiefaserstoffanlagen im VEB Textimaprojekt Karl-Marx-Stadt; Gerhard Türschmann, geboren 1923, Techniker, zuletzt Abteilungsleiter Anlagenbau für Naturfasern im Ausland im VVB Textimaprojekt; Heinz Wallz, geboren 1921, Strickmaschinenschlosser, zuletzt Monteur im VEB Spinnereimaschinenbau Karl-Marx-Stadt.

Für die Angestellten des VEB Spinnereimaschinenbau Karl-Marx-Stadt standen auch zahlreiche Einrichtungen und soziale Leistungen zur Verfügung. So wird angegeben, dass Gewerkschaft und Betriebsleitung in einem Kollektivertrag Geld für die Befriedigung sozialer und kultureller Bedürfnisse der Mitarbeiter bereitstellen. Darunter zählte zunächst eine Kantine mit Ausgabe warmer Mahlzeiten zu allen Schichten; ein Angestellter zahlte für ein Mittagessen höchstens eine Mark. Auch stand ein Betriebsarzt sowohl für akute Erkrankungen als auch Reihenuntersuchungen zur Verfügung. Beide Leistungen konnten auch von Rentern, die vormals für das Unternehmen gearbeitet hatten genutzt werden. Den Angestellten des VEB standen auch lokale Ferienheime sowie Plätze in Ferienheimen des Freien Deutschen Gewerkschaftsbund (FDGB) im In- und Ausland, für sich selbst und ihre Kinder, zur Verfügung. Abgerundet wurde das Angebot durch eine Betriebssportgemeinschaft, ein Fotoaltelier für Amateure und Mal- sowie Zeichenzirkel (aus: 150 Jahre Spinnereimaschinenbau, 1987; zur Verfügung gestellt vom Sächsischen Industriemuseum Chemnitz).

Informationen zu den Interviewpartnern: Heinz Lämmel, geboren 1924, Mechaniker, Konstrukteur, zuletzt Abteilungsleiter Projektierung für Chemiefaserstoffanlagen im VEB Textimaprojekt Karl-Marx-Stadt; Gerhard Türschmann, geboren 1923, Techniker, zuletzt Abteilungsleiter Anlagenbau für Naturfasern im Ausland im VVB Textimaprojekt; Heinz Wallz, geboren 1921, Strickmaschinenschlosser, zuletzt Monteur im VEB Spinnereimaschinenbau Karl-Marx-Stadt.

Der ehemalige Spinnereimaschinenbau in Altchemnitz hat eine Größe von 4,7 ha. Er ist in Privatbesitz und wurde von dem jetzigen Besitzer 2013 gekauft. Auf dem Grundstück befinden sich Industrie- und Verwaltungsgebäude sowie Lagerhallen aus den 1920er- bis 1950er-Jahren. Manche sind gewerblich, 2/3 der gesamten Gebäudefläche nicht genutzt. Ein Teil der Freiflächen dient für Freizeit und Nachtleben. Das Hauptgebäude ist denkmalgeschützt und hat eine Gesamtnutzfläche von 28.000 m². Die Gesamtnutzfläche aller Gebäude beläuft sich auf 36.000 m². Alle Gebäude sind sanierungsbedürftig. In den Gebäudeteilen gibt es oft keine Heizungsanlagen oder Sanitäreinrichtungen. Erste Sanierungsarbeiten wurden bereits in Gang gesetzt. Die Stadt Chemnitz hat ein Entwicklungs- und Förderkonzept für Altchemnitz beschlossen. In dem Konzept hat die Inwertsetzung des Gewerbestandortes hohe Priorität. Außerdem wurde ein Stadtteilmanager für Altchemnitz eingesetzt.

»Schlafende Riesen wecken« – das ist das Motto des URBACT-Netzwerkes »Second Chance«. Schwerpunkt der teilnehmenden Städte ist die Revitalisierung von großen innerstädtischen Brachflächen und leerstehenden Gebäuden. Auch Chemnitz mit seiner über 150-jährigen Industriegeschichte ist am Netzwerk beteiligt. Die sächsische Großstadt sucht im Rahmen des Netzwerkes nach langfristigen Nutzungskonzepten für den ehemaligen Spinnereimaschinenbau. Mit der Industrialisierung entwickelte sich Chemnitz zum Zentrum der Textilindustrie und des Maschinenbaus. In der DDR war dort ein volkseigener Betrieb angesiedelt, der aber nach der deutschen Einheit umgewandelt und liquidiert wurde. Die Stadt hatte viele Arbeitsplätze und Einwohner durch die Wende und den Wirtschaftswandel verloren. Mittlerweile ist Chemnitz zu einem führenden Forschungs- und Entwicklungsstandort aufgestiegen, der nach wie vor über ein reiches, kulturelles Erbe an Industriebauten verfügt. Heute ist die Stadt in den Branchen Automobil- und Zuliefererindustrie, Informationstechnologie, Maschinen- und Anlagenbau sowie Mikrosystemtechnik aktiv. Mit URBACT sollen alternative Lösungen gefunden werden, mit denen wieder mehr Leben in das ganze Gelände gebracht, der Anteil gemeinschaftlicher Nutzungen erhöht, die schrittweise Sanierung vorangetrieben und insgesamt eine bessere Verknüpfung zu den angrenzenden Quartieren und zur Technischen Universität Chemnitz erreicht werden. (Interview mit Thomas Mehlhorn, URBACT Projektkoordinator)

»Unser Schwerpunkt im Rahmen der Stadtentwicklung ist es, die Wahrnehmung der Potentiale in Altchemnitz zu erhöhen. Am Altgewerbestandort gibt es viel Leerstand und zahlreiche Brachen. Die Stadt hat ein großes Interesse daran, diese zu revitalisieren und die Orte, wo früher gearbeitet wurde, auch heute wieder in Nutzung bringen. Wir leiten die Entwicklungsabsichten für den Einzelkomplex aus den gebietlichen Strukturen und dem städtebaulichen Kontext ab. Mit der Wiederbelebung des Spinnereimaschinenbaus wollen wir etwas Vorbildhaftes, Übertragbares schaffen und mit Second Chance austesten, ob sich dieses Vorgehen auch für andere Industriebrachen eignet.« (Interview mit Thomas Mehlhorn, URBACT Projektkoordinator)

»Im Moment geht es auch darum, die Interessen der Stadt mit denen des Eigentümers abzugleichen. Der jetzige Eigentümer managt auch seine Liegenschaft und ist Mitglied der URBACT Local Group. Aber ihn treiben natürlich andere Fragen um als uns: Wie kann er Einnahmen generieren, wie das Areal wirtschaftlich betreiben? Die Stadt sieht das Gebäude als Schlüsselliegenschaft im Gebiet und will das Projekt nachhaltig und strategisch angehen. Das Gebäude ist sehr speziell, mit einer offenen Raumstruktur. Momentan setzt der Eigentümer dort überwiegend auf eine Kaltlagernutzung, das macht das Gebäude allerdings nicht sehr lebendig und verbessert nicht wesentlich den Zustand des Bestandes.« (Interview mit Thomas Mehlhorn, URBACT Projektkoordinator)

»Der Spinnereimaschinenbau ist ein stadtbildprägendes und industriegeschichtlich bedeutsames Denkmal. Seine Reaktivierung stärkt die Identität des Gewerbestandortes Altchemnitz. Der industriekulturelle Bestand und das bauliche Erbe prägen das Profil von Chemnitz als moderne Industriestadt. Hohe Priorität für dessen Wahrung haben Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung in der Stadtentwicklung und beim Bauen. Statt neue Flächen auf der grünen Wiese zu beanspruchen, müssen wir zurück ins Zentrum. Es kommt hier auf die Vorstellungen und den Nutzungswillen des privaten Eigentümers an. Die Neunutzung sollte an die frühere gewerbliche Nutzung anknüpfen und eine kleinteiligere gemischte Struktur, angepasst an heutige Anforderungen, etablieren. Aus meiner Sicht bietet sich eine Mischung aus Zwischennutzungen, Verwaltung, Lager, Kreativräumen und flexibler Produktion bis hin zu Erprobungsflächen für die Wissenschaft an. Die hohen Deckenlasten und offene, flexible Konstruktion ermöglichen vieles. Dabei sollte das niedrige Mietniveau beibehalten werden.« (Interview mit Michael Stötzer, Bürgermeister Stadtentwicklung und Bau, Stadt Chemnitz)

»Vor allem die frühzeitige Einbindung von Akteuren und Öffentlichkeit trägt zur Akzeptanz eines Projektes und bedarfsgerechten städtebaulichen Entwicklung bei. Zeitiges Herausarbeiten der Interessenlagen und Konflikte ist wichtig, damit sich die Beteiligten auf ein gemeinsames Ziel verständigen können. Dabei wenden wir verschiedene Formate und Beteiligungsverfahren an. Der Einsatz von "Kümmerern" in Schwerpunktgebieten leistet einen wesentlichen Beitrag zur Teilhabe und Rückkopplung in die Verwaltung.« (Interview mit Michael Stötzer, Bürgermeister Stadtentwicklung und Bau, Stadt Chemnitz)

»Unser Interesse liegt in der langfristigen Absicherung und dem Ausbau unseres Veranstaltungsbetriebes. Besonderes Augenmerk genießt hierbei die Erhaltung des Spinnereimaschinenbaus als Gewerbegebiet und der damit verbundenen Unterbindung einer Wohnraumnutzung. Eine ‚kulturelle‘ Belebung des Spinnereimaschinenbaus war unsere ursprüngliche Erwartung an das Projekt. Da dies aber nicht im Sinne des Eigentümers liegt, haben wir zwischenzeitig hierzu keine Erwartungen mehr. Die Motivation des Eigentümers sollte vor Beginn eines solchen Projektes wirklich klar sein. Städtische Wunschvorstellungen einem privaten Investor “schmackhaft” zu machen hat sich hier leider als unpraktikabel erwiesen.« (Interview mit Thomas Rebsch, Geschäftsführer Spinnerei Chemnitz und Mitglied der lokalen Projektgruppe)

Die Spinnerei ist eine Open Air Eventlocation, die seit 2013 kontinuierlich wächst und mit ihrem facettenreichen und innovativen Kulturprogramm neue Maßstäbe in der Region setzt. Dabei ist die Spinnerei weit mehr als nur Das. Sie ist ein Lebensgefühl. Hinter unseren Toren befindet sich ein Ort für kreative Entfaltung, persönliche Verwirklichung und gelebter Freiheit. Stetig auf der Suche nach Neuem, Spannendem und Erstaunlichem prägen wir unser eigenes Bild Tag für Tag und Jahr für Jahr aufs Neue. Wir sind nicht nur ein Team, wir sind eine Familie! Unser wunderschönes Gelände bauen wir jedes Jahr mit viel Sorgfalt, Kreativität und Liebe zum Detail weiter aus oder verschönern und erneuern es. (Homepage Spinnerei)

Als erstes großes Gemeinschaftsprojekt zwischen dem Begehungen e. V., dem Spinnerei e. V., dem Huhlern e. V. und dem Lokomov wurden 2015 die Industriebrachen des ehemaligen Spinnereimaschinenbaus für vier Tage gemeinsam belebt und bespielt. Der Begehungen e.V. veranstaltet jedes Jahr ein Festival bei dem alte, leere Räume gesucht und dann mit Kunst und einem Kulturprogramm bespielt werden. Da die Besetzung des gesamten Areals utopisch erschien, mussten zunächst ein zweigeschossiges ehemaliges Fabrikgebäude und Teile des Freigeländes ausreichen. Während im 19. und 20. Jahrhundert auf dem Gelände der Spinnereimaschinenfabrik Geschichte geschrieben wurde, hatten die zehn eingeladenen Künstler der Begehungen Nr.12 die Möglichkeit, die Geschichte des Geländes, seiner Gebäude, der Stadt und seiner Menschen weiter zu erzählen - Grenzen wurden nur durch das Thema Wolkenkuckucksheim gesetzt! Besonderes Augenmerk wurde 2015 auf das Thema Kooperation gelegt und zusammen mit weiteren Vereinen, die das kulturelle Leben in Chemnitz maßgeblich prägen, das Festival »Wolkenkuckucksheim« ins Leben gerufen. Dabei wurde »eine Stadt zwischen Chemnitz und dem Himmel gesucht, als Bollwerk gegen Konvention, Aberglaube und bestehende Gesellschaftsnorm.« Vom 20. bis 23. August 2015 öffnete die Kunstausstellung der Begehungen ihre Pforten und der musikalische Teil des Festivals fand auf dem Gelände des Spinnerei e.V. statt, der seither jährlich das Festival »Wolkenkuckucksheim« ausrichtet.

Der Spinnbau kann Platz für eine Vielzahl gewerblicher und kultureller Nutzungen bieten, z.B. für Freiberufler, universitäre Einrichtungen, Kunst und Veranstaltungen. Weiterhin könnte die Anlage mit der Technischen Universität Chemnitz und ihren Studentenwohnheimen verbunden werden. Eine Revitalisierung verbessert das Stadt- und Straßenbild wesentlich und wahrt das historische und industriekulturelle Erbe. Der Eigentümer beabsichtigt, das Gelände in einem Schritt-für-Schritt-Prozess entsprechend seinen finanziellen Möglichkeiten zu entwickeln und die Gebäude wieder in Nutzung zu bringen (aus: URBACT Projekt Flyer).

Im Frühjahr 2017 fand als eine Maßnahme des URBACT-Projektes eine Workshop statt, in dem Kreative unterschiedlicher Branchen gemeinsam Ideen zu Visionen und zum Image des Spinnereimaschinenbaus entwickelten, denn der Spinnereimaschinenbau ist eine Schlüsselimmobilie für das Gebiet Altchemnitz. Das Areal bietet viel Fläche für weitere Ansiedlungen. Aufgrund verschiedener Zwänge und Ansprüche gibt es zur Zeit kein zielgruppenorientiertes Entwicklungskonzept für das Gelände. Nach einer Inputphase am ersten Workshoptag und einem umfangreichen Rundgang durch das Gelände fand ein intensiver Austausch mit dem Eigentümer sowie untereinander statt. Daraus wurde die Komplexität der Gemengelage - Größe, Innstandhaltungsrückstau, kleinteilige Nutzung, fehlende Möglichkeit größere Investitionen vorzuschießen, bunter Nutzungsmix - als größte Herausforderung für jedes Marketing identifiziert. Die Kreativen sehen in der Aufbereitung einzelner Aufmerksamkeitspunkte mehr Potential zur Mietergewinnung als im Anpreisen der offenen Flächen. Denn während der Fokus auf schon vorhandene Eigenheiten des Geländes eine Identifikation und emotionale Bindung von Interessenten frühzeitig möglich macht, provoziert die offene Vermarktung von Flächenpotential eine abwartende Haltung. Bevor aber ein Marketingkonzept erfolgreich ansetzen kann, braucht es die Entscheidung, welche stilprägenden Momente herausgearbeitet werden wollen. Deswegen definieren die WorkshopteilnehmerInnen gemeinsam das Tagesziel: Wir kreieren für das Gelände eine oder mehrere Personas bzw. Charaktere die emotionale Anschlussfähigkeit bieten und statten diese mit ansprechenden Attributen aus.

Zum Erreichen des Ziels wurde die Personamethode nach Marco Spiess angewandt. Bei der Personamethode werden Objekte personifiziert. Dadurch wird eine übertragung vom technisch, gegenständlichen zum emotional, menschlichen Blick erreicht. Die Zuspitzung auf einen Charakter ermöglicht eine weitere Abstraktion. Durch die Ausstattung der fiktiven Person mit Attributen wird nicht nur die Form sondern ebenso der Kontext betrachtet. Die Methode wurde gewählt, um die komplexe Situation zu erfassen und gleichsam alternativ beschreiben zu können, Denkmuster zu durchbrechen und eine Profilbildung mit emotionaler Anschlussfähigkeit zu ermöglichen. Der »schlafende Riese« Spinnereimaschinenbau erscheint den WorkshopteilnehmerInnen als pragmatischer Typ mittleren Alters mit Lebenserfahrung, noch nicht alt und müde, gut vorangekommen im Leben, relativ bodenständig, pragmatisch, prinzipiell offen, aber doch schüchtern, schweigsam und wenig gesundheitsbewusst. TeilnehmerInnen des Workshops: Ralf Wolfermann - Kreativchef Werbeagentur, Chemnitz; Boris Kaiser - Moderation, Chemnitz; Nadine Rothe - Designerin und Initiatorin des Wolkenkuckucksheimfestivals, Chemnitz; Dominik Intelmann - Philosoph und Stadtforscher, Leipzig; Christian Rost - international tätiger Geograph sowie Stadt– und Regionalentwickler, Leipzig; Lars Fassmann - Software-Unternehmer und Besitzer kreativwirtschaftlich genutzter Immobilien, Chemnitz; Robert Verch - Stadtteilmanagement für Wirtschaft, Kreativwirtschaft und Netzwerkarbeit, Chemnitz; weitere Stakeholder: Jasmin Schubert - Praktikantin Stadtplanungsamt, Chemnitz; Patrick Wiederanders - Gebietsmanager Altchemnitz; Klaus Hirsch - Geschäftsführer Spinnwerk GmbH & Co.KG (aus: Abschlussbericht des Initialworkshops zum Image des Spinnereimaschinenbaus).